„Öffentlich Wasser predigen und heimlich Wein trinken“ – ist eine bekannte Redewendung. Man meint damit, dass jemand von anderen einen Verzicht fordert, jedoch sich selbst nicht daran haltet. Ein heuchlerisches Verhalten also. Das Gegenteil davon ist bspw.: Mit gutem Beispiel vorangehen.
Auch bei Jesus finden wir eine bekannte Geschichte, die mit Wasser und Wein zutun hat. Ihr könnt euch ja vorstellen welche gemeint ist. Nur vorweg, um Heuchelei geht es dabei nicht.
Als ich mich vor einiger Zeit mit dieser Geschichte beschäftigte, fielen mir einige Dinge auf, über die ich so noch nie nachgedacht hatte. Es war für mich, wie wenn ich diesen Text plötzlich in einem neuen Licht sah. Vielleicht ist es ähnlich wie bei einer Redewendung, über die man nachdenkt und da entdeckt man plötzlich die Bedeutung dahinter. Allerdings will ich nicht behaupten, dass Johannes, der diesen Text verfasst hatte, es auch so beabsichtigt hatte. Meine Worte sind nicht in Stein gemeisselt, sondern sollen zum Nachdenken anregen.
Die Hochzeit in Kana
Dieses Bild habe ich immer gemocht: Da wurde der Wein im Supermarkt in ein neues Regal verlagert und er landete dort wo zuvor das Wasser war. Das Schild hatte man versehentlich vergessen zu wechseln. Der Kommentar dazu: „Jesus was here.“ Genau um diese Geschichte – die wundersame Wasser-zu-Wein-Verwandlung – wird es heute gehen.
Zum einen denke ich, erfahren wir vieles über die Person Jesus in dieser Geschichte und zum andern möchte ich wie bereits erwähnt einen etwas anderen Blickwinkel aufzeigen. Die Geschichte lesen wir in Johannes Kapitel 2:
Zwei Tage später fand in Kana, einer Ortschaft in Galiläa, eine Hochzeit statt. Die Mutter Jesu nahm daran teil, und Jesus selbst und seine Jünger waren ebenfalls unter den Gästen. Während des Festes ging der Wein aus. Da sagte die Mutter Jesu zu ihrem Sohn: »Sie haben keinen Wein mehr!« Jesus erwiderte: »Ist es deine Sache, liebe Frau, mir zu sagen, was ich zu tun habe? Meine Zeit ist noch nicht gekommen.« Da wandte sich seine Mutter zu den Dienern und sagte: »Tut, was immer er euch befiehlt!« In der Nähe standen sechs steinerne Wasserkrüge, wie sie die Juden für die vorgeschriebenen Waschungen benutzen. Die Krüge fassten jeder zwischen achtzig und hundertzwanzig Liter. Jesus befahl den Dienern: »Füllt die Krüge mit Wasser!« Sie füllten sie bis zum Rand. Dann sagte er zu ihnen: »Tut etwas davon in ein Gefäß und bringt es dem, der für das Festessen verantwortlich ist.« Sie brachten dem Mann ein wenig von dem Wasser, und er kostete davon; es war zu Wein geworden. Er konnte sich nicht erklären, woher dieser Wein kam; nur die Diener, die das Wasser gebracht hatten, wussten es. Er rief den Bräutigam und sagte zu ihm: »Jeder andere bietet seinen Gästen zuerst den besseren Wein an, und wenn sie dann reichlich getrunken haben, den weniger guten. Du aber hast den besseren Wein bis zum Schluss zurückbehalten!« Durch das, was Jesus in Kana in Galiläa tat, bewies er zum ersten Mal seine Macht. Er offenbarte mit diesem Wunder seine Herrlichkeit, und seine Jünger glaubten an ihn. (Johannes 2,1-11)
Der Wein ist alle!
Welch peinliche Situation, wenn bei einer Hochzeit der Wein ausgeht. Gut, die Party konnte damals etwas länger dauern als heute. Das Fest zog sich in der Regel eine Woche hin. Also da kann so etwas schon passieren, sollte jedoch trotzdem nicht.
Jesus lässt sich nicht zum voreiligen Handeln drängen
Nun kommt die Mutter von Jesus und spricht ihn darauf an: „Sie haben keinen Wein mehr!“ Das ist so ein Satz, den wir im Rahmen des Seminars über Kommunikation richtiggehend zerlegen könnten. Der Sachinhalt ist klar: Sie haben keinen Wein mehr! Doch was erfahren wir auf der Beziehungsebene? Schwingt da vielleicht ein „hast du es nicht bemerkt?“ mit. Jesus auf jeden Fall hört den Appell am stärksten heraus und so ist es dann wohl auch gemeint, im Sinne: „Mein Sohn, tue doch was!“ Doch was tut Jesus? Er entgegnet: »Ist es deine Sache, liebe Frau, mir zu sagen, was ich zu tun habe? Meine Zeit ist noch nicht gekommen.« Spricht man etwa so mit seiner Mutter? Klar Jesus tat wohl schon immer verrückte Dinge, doch ist das nicht etwas gar frech? Verstösst es nicht auch gegen das Gebot: Du sollst Vater und Mutter ehren?
Ich denke es geht da ganz in eine andere Richtung. Maria, um sie hier auch mal beim Namen zu nennen, stand Jesus durch die Verwandtschaft sehr nah. Natürlich erhoffte sie sich und vielleicht erhoffte sich das auch die Hochzeitsgesellschaft, dass er auf sie eher hören würde. Wahrscheinlich wurde sie sogar von der Organisation – vom Tätschmeister-Team – zu ihm gesandt mit der Bitte ihm doch gut zuzureden. Aber genau hier blockt nun Jesus ab. Wahrscheinlich gibt er seiner Mutter damit zu erkennen, dass sie nicht mehr Privilegien hat als die anderen Gäste und der Gastgeber. Auf jeden Fall lässt sich Jesus nicht zum voreiligen Handeln drängen.
Wasser wird zu Wein
Daraufhin wendet sich die Mutter Jesu an die Diener. Sie sollen tun, was auch immer er ihnen befiehlt. Sie hat die Worte ihres Sohnes wohl begriffen. Sie stellte sich nicht mehr in den Vordergrund. Sie überlässt es ihrem Sohn, ob und wann er dazu bereit ist – sprich: wann seine Zeit gekommen ist.
Und die Diener taten genau das, was er ihnen befahl. Sie füllten Krüge mit Wasser. Dann schütteten sie ein bischen in ein kleines Gefäss und gaben es dem, der für das Festessen verantwortlich war und dieser kostete davon. Ich denke dazu gehört mächtig viel Vertrauen in Jesus. Es heisst ausdrücklich, dass er zuvor noch nie seine Macht bewiesen hatte. Das war das erste Wunder, das erste Zeichen, welches er bewirkt hatte. Was wenn es nicht funktioniert hätte? Die Diener wären ziemlich dumm dagestanden, wenn ihr Chef Wasser getrunken hätte. Aber soweit ist es ja nicht gekommen. Das Wasser wurde zu Wein.
Nicht irgend ein klassischer Wein. Ein absoluter Spitzenwein! Der Verantwortliche auf jeden Fall war fassungslos. Der Wein war so exzelent, dass er gar den Bräutigam zu sich rief: »Jeder andere bietet seinen Gästen zuerst den besseren Wein an, und wenn sie dann reichlich getrunken haben, den weniger guten. Du aber hast den besseren Wein bis zum Schluss zurückbehalten!«
Jesus stellt seine Macht unter Beweis
Da hat also Jesus das erste mal seine Macht bewiesen. Das Resultat war, dass die Jünger an ihn glaubten. In Johannes Kapitel 2 geht es dann noch an weiteren Stellen um den Glauben (V. 22-23)
Noch einige andere Entdeckungen…
Als ich neulich über diese Stelle nachdachte, da wurden mir plötzlich einige andere Aspekte bewusst, die mir noch nie so aufgefallen sind. Es gibt einige Dinge, die sich aus dieser Geschichte im Leben von Jesus durchziehen und einige dieser Gedanken möchte ich mit euch teilen.
Meine Zeit ist noch nicht gekommen
Die Formulierung „meine Zeit ist noch nicht gekommen“ finden wir ganz ähnlich an weiteren Stellen im Johannesevangelium:
Hier fehlt zwar die Aussage, dass seine Zeit noch nicht gekommen war, doch auch hier erweckt es diesen Eindruck. Er geht einfach zwischen ihnen durch, wie seine Zeit noch nicht gekommen wäre.
Aber welche Zeit denn eigentlich? In Johannes 7 finden wir dazu ein aufschlussreiches Gespräch:
In der darauf folgenden Zeit zog Jesus durch Galiläa. Er mied Judäa, denn dort trachteten ihm die führenden Männer des jüdischen Volkes nach dem Leben. Doch kurz bevor die Juden ihr Laubhüttenfest feierten, sagten seine Brüder zu ihm: »Du solltest nicht länger hier in Galiläa bleiben. Geh nach Judäa, damit auch dort deine Jünger sehen können, was für große Dinge du tust. Wer mit dem, was er tut, in der Öffentlichkeit bekannt werden möchte, zieht sich nicht in einen versteckten Winkel zurück. Wenn du schon so ungewöhnliche Dinge tust, dann zeig dich auch vor aller Welt!« So redeten seine eigenen Brüder, weil nicht einmal sie an ihn glaubten. Doch Jesus gab ihnen zur Antwort: »Für mich ist die richtige Zeit noch nicht da; euch ist jeder Zeitpunkt recht. Euch kann die Welt nicht hassen, mich aber hasst sie, weil ich nicht darüber schweige, dass ihr Tun böse ist. Geht ihr nur hinauf zum Fest. Ich komme jetzt nicht; für mich ist die Zeit noch nicht da.« Mit dieser Antwort ´ließ er sie gehen`; er selbst blieb in Galiläa. Nachdem jedoch seine Brüder zum Fest hinaufgegangen waren, ging Jesus selbst auch nach Jerusalem hinauf, allerdings unbemerkt und ohne Aufsehen zu erregen.
Leben in der Fülle
Man ist sich mehrheitlich einig, dass dieses erste Zeichen eine hohe eschatologische (endzeitliche) Bedeutung hat. Der Wein steht für Überfluss. Auch wenn die Leute eigentlich schon satt oder betrunken waren, so gibt Jesus ihnen dennoch zusätzlich Wein. Nicht irgendwelchen Wein, wie wir bereits gesehen haben. Er schenkt ihnen gewissermassen reinen Wein ein. Der Wein steht dann auch, wenn wir weiterblättern für sein Leben.
Könnte das bereits in diesem ersten Zeichen vorgespurt sein? Was ist mit dem besseren Wein gemeint? Handelt es sich vielleicht bereits um einen Hinweis, dass sein Opfer vollkommen sein würde? So wie das mehrfach im neuen Testament dargelegt wird?
Vielleicht ist das so, vielleicht auch nicht. Es ist mir nur mal der Gedanke daran gekommen. Der Wein, den die Leute zuvor getrunken haben war ja nicht ungeniessbar. Es war sicherlich ein guter Wein. Aber eben Jesus bringt den noch besseren Wein hervor. So war es auch schon mit den Opfern, die in alttestamentlicher Zeit vor Gott gebracht wurden. Gott war gnädig mit seinem Volk. Es musste aber Blut fliessen. Das führte den Israeliten schon immer vor Augen, welche schlimmen Auswirkungen die Sünde hatte. Da musste ein Tier an ihrer Stelle sterben, auf dass sie leben können. Nur war keines dieser Tiere so vollkommen, dass es wirklich hätte Sühne bewirken können. Alle Opfer werden in diesem einen Opfer, das Jesus gebracht hatte erfüllt. Und dann war da noch der Umstand, dass es für gewisse Sünden gar kein Opfer gab. David hatte für seine Schuld kein Opfer, das er Gott hätte bringen können. Gab es einfach nicht, weder für Mord noch für Ehebruch. Er konnte sich nur an Gott wenden, in der Hoffnung, dass er ihm trotzdem gnädig sein würde. Das Opfer von Jesus ist in allem viel vollkommener. Sehr intensiv wird dieses Thema im Hebräerbrief behandelt. Nur einmal ein Vers dazu:
Das Blut Christi jedoch hat eine unvergleichlich größere Wirkung. Denn als Christus sich selbst, von Gottes ewigem Geist geleitet, Gott dargebracht hat, war das ein Opfer, dem kein Makel anhaftete. Deshalb reinigt uns sein Blut bis in unser Innerstes; es befreit unser Gewissen von der Belastung durch Taten, die letztlich zum Tod führen, sodass es uns jetzt möglich ist, dem lebendigen Gott zu dienen. (Hebräer 9,14)
Jesus ändert die Reihenfolge. Man erwartete eigentlich in dieser Zeit erst den besseren Wein und erst dann den weniger guten. Jesus kehrt es um. Bei ihm kommt das Beste zum Schluss.
Macht und Herrlichkeit
Abschliessend haben wir gesehen, dass Jesus durch das Wunder in Kana das erste Mal seine Macht erwiesen hat. Weiter offenbarte er seine Herrlichkeit und die Jünger glaubten an ihn.
Das mit dem Glauben ist jedoch so eine Sache. Als Jesus dann verhaftet, verurteilt und hingerichtet wurde, da brach für die Jünger eine Welt zusammen. Sie zogen sich zurück, verbarikadierten sich im Haus und dachten wohl alle: Jetzt ist es aus! Sie hatten die Vorstellung Jesus werde nun endlich sein Reich aufbauen und jetzt das! Alle schönen Vorstellungen in einem Moment auf den andern vernichtet. Dass das genau sein Weg sein würde, wie er sein Reich bauen würde, das haben sie nicht verstanden.
Nicht mit einem Heer ist er angerast. Er hätte sicherlich auch alle Macht gehabt das Kreuz zu verlassen. Zu Petrus sagte er:
Schlussgedanken
Ich bin der Meinung, dass uns diese kurze Geschichte bei der Hochzeit in Kana vieles aufzeigt, was sich durch das ganze Leben von Jesus durchzieht. Drei dieser Aspekte versuchte ich aufzuzeigen:
- Sein Vater und Jesus selbst entscheiden über seine Zeit. Kein Mensch kann über Gott verfügen und steht er ihm noch so nahe.
- Jesus gibt all denen die an ihn glauben ein Leben im Überfluss. Bei ihm kommt das Beste zum Schluss. Er gibt uns das ewige Leben.
- Jesus hat bewiesen wie stark und mächtig er wirken kann. Jedoch tat er das ohne Gewalt und ohne weltliche Waffen. Seine einzige Waffe war die Liebe Menschen gegenüber. Darum gehört ihm auch alle Herrlichkeit.