Einige werden sicher denken: „Nicht schon wieder dieses Thema!“ Endet das denn eigentlich nie? Mich hat das Thema in jungen Jahren sehr bewegt und später an der Bibelschule habe ich mich intensiv damit auseinandergesetzt. Ich dachte eigentlich immer, ich müsste irgendwie beweisen können, dass Gott die Erde genau so wie es in 1. Mose Kapitel 1 beschrieben ist, geschaffen hat. Die Evolutions-Theorie stand da im Weg und musste widerlegt werden. Klar, ich bin auch heute noch davon überzeugt, dass Gott Himmel und Erde und alles was darin zu finden ist geschaffen hat. Anderseits habe ich die Gelassenheit darin gefunden, nicht alles beweisen zu müssen. Es geht also an dieser Stelle nicht um irgendwelche Widerlegungen der Evolutionstheorie. Es geht auch nicht darum, den Schöpfungsbericht zu beweisen. Ich will euch einzig auf eine gedankliche Reise mitnehmen, was mir persönlich hilft, die Ruhe zu bewahren.
Zwei Weltbilder, …
… die sich unterscheiden
In meinem forschen habe ich irgendwann erkannt, dass die ganze Diskussion um Schöpfung und Evolution eigentlich einen ganz anderen Kern hat. Auch Leute die glauben, dass Gott diese Welt geschaffen hat, und die sich mit der Naturwissenschaft beschäftigen, gehen heute davon aus, dass in einem bestimmten Bereich „Evolution“ stattgefunden hat. Sie sprechen hier von Mikro-Evolution. Also veränderung innerhalb eines Grundtyps. Hinterfragt wird die Reichweite dieser Veränderungen und die Höherentwicklung, sprich die Annahme, dass aus dem Leben im Wassser (wie das auch immer entstanden ist), alle Landtiere und die Vögel entstanden sind.
Also ein Teil der Evolutions-Theorie wird absolut als richtig anerkannt, in den Bereichen wo wir auch Daten zur Verfügung haben. Doch wo sich die Weltbilder viel deutlicher unterscheiden ist nicht in der Frage, ob nun die Schöpfung korrekt ist oder die Evolution, der eigentliche Unterschied sehe ich mehr im „Theismus“ im Gegensatz zum „Naturalismus“. Im Theismus gehen wir davon aus, dass Gott als Schöpfer am Werk war. Der Naturalismus sieht alles in natürlichen Prozessen. Die Natur war selbst in der Lage sich zu schaffen und zu erhalten.
… die eines „Glaubens“ bedürfen
Ich denke als Christ hätte ich weniger Mühe mit der ganzen Evolutions-Theorie gehabt, wenn uns auch vermittelt worden wäre, dass da durchaus noch viele Fragen bestehen, die ungeklärt sind. Wenn Lehrer vielleicht auch mal betont hätten, dass es verschiedene Weltanschauungen gibt und dass auch die Weltanschauung, die so oft als „wissenschaftlich“ klassifiziert wird, auf einer bestimmten Philosophie beruht. Ich habe nämlich immer wieder festgestellt, dass gewisse Dinge immer wieder als gegeben betrachtet wurden, auch wenn sie noch gar nicht bis ins Detail erforscht waren.
Anderseits kann ich auch verstehen, dass wir als Christen genauso in der Gefahr stehen, sehr verbissen darauf zu bestehen, dass es genauso abgelaufen ist, wie uns das in der Bibel vermittelt wird. Wenn mir nun das mühe bereitet, dass viele Dinge das Etikett „wissenschaftlich“ bekommen, dann muss ich auch respektieren, dass unser Vorgehen anderen auch Mühe bereitet. Wenn ich schon Kritik übe, dann muss ich, wenn ich fair sein will, auch meine Ansichten selbstkritisch prüfen. Ja ich glaube an Gott als Schöpfer, doch bin ich vorsichtiger geworden, wie ich es formuliere. „Es ist so, weil es so geschrieben steht“, ist leider ein schlechtes Argument.
Verschiedene Positionen in der Theologie
Auch in der Theologie gibt es heute ganz verschiedene Positionen. Zum einen finden wir jene, die eben genauso argumentieren: „Es steht in der Bibel geschrieben, also stimmt das auch.“ Dann gibt es jene, die sich darauf berufen, dass der Schöpfungsbericht selbst kein Anspruch erhebt, eine naturwissenschaftliche Abhandlung zu sein und dabei Glaube und Teile vom Standartmodell für vereinbar halten. Wieder andere versuchen im Schöpfungsbericht Räume zu finden, lange Perioden aus der Geologie, die Milliarden von Jahren aus der Kosmologie irgendwo unterzubringen. Das sind jetzt natürlich nur einige Positionen, die mir aber öfters begegnet sind.
Meine Position
Ich komme nun noch kurz auf meine Position zu sprechen, wenn man überhaupt von einer Position sprechen kann. Vielmehr ist es das wie ich heute darüber denke.
Yes, he can!
Wenn ich die Bibel lese, dann sage ich mir immer wieder: Ja, das kann er! So ist es auch bei der Schöpfung. Ich bin absolut davon überzeugt, dass Gott durch sein Wort alles ins Leben rufen kann. Würde es so stehen, würde ich Gott auch zutrauen, dass er alles in einem Augenblick geschaffen hat. Mit sechs Tagen habe ich also auch kein Problem. Gott ist so gross, für ihn sind alle Dinge möglich.
Muss es so gewesen sein?
Gut, ich traue das Gott zu, dass er es genauso gemacht hat wie es im Schöpfungsbericht geschrieben steht. Doch muss es so sein? Ich weiss, dass eine solche Frage gefährlich ist. So kann alles in Frage gestellt werden. Dann ist es auch nicht mehr möglich, an die leibliche Auferstehung von Jesus zu glauben, wenn wir hier eine extreme Position einnehmen. Ich möchte die Frage aber dennoch in den Raum stellen und auch einige Argumente dazu liefern:
Also muss es genauso gewesen sein? Erhebt der Schöpfungsbericht den Anspruch eine naturwissenschaftliche Abhandlung zu sein? Ich glaube, ja es kann genauso gewesen sein. Wie ich es bereits dargelegt habe. Anderseits ist der Schöpfungsbericht keine naturwissenschaftliche Abhandlung. Da sind sich heute die meisten einig. Klar das „wie“ wird irgendwie behandelt. Gott ruft die Dinge ins Leben. Doch wie das nun konkret ausgesehen hat, wie er diese Dinge gebildet hat, das finden wir nur an manchen stellen. Manchmal heisst es „Gott sprach und es wurde…“, dann aber auch wieder „und Gott schuf…“. Die Schöpfung ist also eine Kombination von sprechen und machen, bzw. bilden. Wie hat dieses bilden denn nun konkret ausgesehen. Das einzige mal, wo es etwas konkreter wird ist beim Menschen. Also letztlich erklärt uns die Bibel nicht ins Detail, wie diese Dinge entstanden sind, es wird auch nicht erklärt, wie Gott all diese Dinge schuf. Hier stellt sich durchaus die Frage, was durch den Schöpfungsbericht beabsichtigt ist?
Muss ich den Bericht nun wörtlich nehmen? Wenn nicht, wie verhält es sich mit anderen Geschichten? Ich denke der grosse Unterschied vom Schöpfungsbericht zu anderen Geschichten wie der von Abraham, Isaak, Jakob, der Geschichte vom Auszug aus Ägypten, die Zeit der Könige und später der Geschichte über Jesus, besteht darin, dass bei der Schöpfung niemand dabei gewesen ist. Alle anderen Geschichten können irgendwie von Menschen bezeugt werden. Also selbst wenn ich nun behaupte, dass der Bericht selbst nicht den Anspruch einer wissenschafltichen Abhandlung erhebt und ich nicht sage, dass alles 1:1 so gewesen sein muss (aber durchaus kann), so bin ich dennoch von der Glaubwürdigkeit der Geschichten überzeugt, weil sie von Menschen bezeugt werden können. So hatten bspw. die Jünger Jesus, als er über den Tod und die Auferstehung sprach, erst gar nicht verstanden. Sie alle zogen sich zurück, sie resignierten, dachten es sei alles aus. Niemals käme ich auf den Gedanken, wenn ich die Geschichte lese, dass diese Männer dann diese Geschichte erfunden hätten und für eine Lüge noch bereit waren zu sterben.
Muss ich alles im Schöpfungsbericht unterkriegen?
Wie bereits darauf hingewiesen, gibt es auch bestrebungen, bspw. die langen Zeiträume irgendwo im Schöpfungsbericht unterzubringen. Manche Ausleger vermuten eine Lücke zwischen Genesis 1,1 und 1,2. Nach deren Meinung hat Gott erst Himmel und Erde geschaffen, dann kam es zum Fall Satans – die Erde war demnach nicht wüst und leer, sondern „wurde“ erst wüst und leer. Der restliche Teil sei dann eine Wiederherstellung der eigentlich gedachten Schöpfung. Hier versucht man dann auch die Millionen oder Milliarden von Jahren unterzubringen.
Andere sehen die Schöpfungstage als Zeiträume und Zeitperioden. Schliesslich sei für Gott ein Tag wie tausend Jahre und tausend Jahre wie ein Tag (Psalm 90,4).
Doch mit beiden herangehensweisen habe ich meine liebe Mühe. Hier wird meiner Meinung nach der Bibeltext nicht mehr ernst genommen. Dinge werden in den Text hineingelegt die Schöpfungstheologie mit der Evolutions-Theorie in Einklang zu bringen. Eine genaue Analyse der einzelnen Stellen würde jetzt den Rahmen sprengen, ich werde, wenn es gewünscht ist in einem weiteren Beitrag auf diese zwei Sichtweisen speziell eingehen. Meiner Meinung nach gewissenhafter wäre es den Text so zu belassen wie er vorzufinden ist, ihn dementsprechend auszulegen und eher nach dem Anspruch des Textes zu fragen.
Ein Loblied auf den Schöpfer
Manchmal argumentieren wir und setzen uns apologetisch dafür ein, dass der Text aus 1. Mose 1-3 genauso zu verstehen ist, wie er geschrieben ist und dass es auch in der Tat so passiert ist. Dabei entgehen uns manchmal auch die viel wichtigeren und schöneren Dinge. Der Schöpfungsbericht ist ein wunderschönes Lied. Das mag uns in der deutschen Sprache nicht auffallen, aber spätestens, wenn wir uns intensiv mit der hebräischen Sprache beschäftigen. Der ganze Text ist sehr flüssig, lebt von Parallelismen – der Bericht ist ein Loblied auf den Schöpfer. Hier der Text aus Genesis 1 gelesen von Abraham Shmuelof:
Einige zentrale Gedanken
Auch wenn ich nicht abschliessend sagen kann, dass alles 1:1 so gewesen sein muss, so will ich doch noch auf jene Dinge eingehen, die für mich absolut zentral sind:
Der Glaube steht im Zentrum
Wie können wir verstehen, dass die Welt durch Gottes Wort entstanden ist? Wir verstehen es durch den Glauben. Durch ihn erkennen wir, dass das Sichtbare seinen Ursprung in dem hat, was man nicht sieht. (Hebräer 11,3)
Für mich ist es klar der Glaube, der im Zentrum steht. Für mich gibt es keinen Zweifel daran, dass Gott diese Welt geschaffen hat. Der Glaube, wie ihn der Schreiber des Hebräerbriefs beschreibt ist nicht etwa etwas schwammiges. Der Glaube ist mit einer festen Zuversicht verbunden. Doch es ist ein Glaube und als solches ist er nicht vollumfängich einem andern zu beweisen. Es gibt jedoch haufenweise gute Gründe zu glauben, bzw. zu vertrauen, wie der Kontext von Hebräer 11 deutlich zeigt.
Die Weisheit Gottes steht im Zentrum
Paulus schreibt den Korinthern über menschliche Weisheit und die Weisheit, die bei Gott zu finden ist. Dabei bezieht er sich zwar hauptsächlich auf das Kreuz, doch er legt auch dar, dass seine Weisheit in der ganzen Schöpfung zu erkennen sei:
Mit der Botschaft vom Kreuz ist es nämlich so: In den Augen derer, die verloren gehen, ist sie etwas völlig Unsinniges; für uns aber, die wir gerettet werden, ist sie ´der Inbegriff von` Gottes Kraft. Nicht umsonst heißt es in der Schrift: »Die Klugen werde ich an ihrer Klugheit scheitern lassen; die Weisheit derer, die als weise gelten, werde ich zunichte machen.« Wie steht es denn mit ihnen, den Klugen, den Gebildeten, den Vordenkern unserer Welt? Hat Gott die Klugheit dieser Welt nicht als Torheit entlarvt? Denn obwohl sich seine Weisheit in der ganzen Schöpfung zeigt, hat ihn die Welt mit ihrer Weisheit nicht erkannt. Deshalb hat er beschlossen, eine scheinbar unsinnige Botschaft verkünden zu lassen, um die zu retten, die daran glauben. Die Juden wollen Wunder sehen, die Griechen fordern kluge Argumente. Wir jedoch verkünden Christus, den gekreuzigten Messias. Für die Juden ist diese Botschaft eine Gotteslästerung und für die anderen Völker völliger Unsinn. Für die hingegen, die Gott berufen hat, Juden wie Nichtjuden, erweist sich Christus als Gottes Kraft und Gottes Weisheit. Denn hinter dem scheinbar so widersinnigen Handeln Gottes steht eine Weisheit, die alle menschliche Weisheit übertrifft; Gottes vermeintliche Ohnmacht stellt alle menschliche Stärke in den Schatten. (1. Korinther 1,18-25)
Die Ehre Gottes steht im Zentrum
Doch neben der Weisheit Gottes steht auch die Ehre Gottes im Zentrum. Auch hierzu schreibt Paulus etwas, dieses mal zu den Römern:
Die Liebe Gottes steht im Zentrum
Dankt dem Herrn, denn er ist gut zu uns! – Seine Liebe hört niemals auf! Dankt ihm, dem allerhöchsten Gott! – Seine Liebe hört niemals auf! Dankt ihm, dem mächtigsten aller Herren! – Seine Liebe hört niemals auf! Er allein tut große Wunder. – Seine Liebe hört niemals auf! Kunstvoll hat er den Himmel gewölbt. – Seine Liebe hört niemals auf! Über den Meeren hat er die Erde ausgebreitet. – Seine Liebe hört niemals auf! Er hat die großen Lichter gemacht: – Seine Liebe hört niemals auf! Die Sonne, um den Tag zu regieren – Seine Liebe hört niemals auf! Mond und Sterne für die Nacht. – Seine Liebe hört niemals auf! (Psalm 136,1-9)
Himmel und Erde zeugen von der unfassbar grossen Liebe von Gott uns Menschen gegenüber. Es ist sein Kunstwerk an uns Menschen. Wir dürfen uns darüber freuen, wir dürfen seine grossen Wunder bestaunen und wir sollten Gott dafür danken, dass er alles so wunderbar geschaffen hat.
Christus steht im Zentrum
Doch wie könnte es auch anders sein. Natürlich steht in der ganzen Schöpfung Christus im Zentrum. Dazu schreibt Paulus zu den Kolossern:
Der Sohn ist das Ebenbild des unsichtbaren Gottes, der Erstgeborene, der über der gesamten Schöpfung steht. Denn durch ihn wurde alles erschaffen, was im Himmel und auf der Erde ist, das Sichtbare und das Unsichtbare, Könige und Herrscher, Mächte und Gewalten. Das ganze Universum wurde durch ihn geschaffen und hat in ihm sein Ziel. Er war vor allem anderen da, und alles besteht durch ihn. (Kolosser 1,15-17)
Schlussgedanken
Oft wenn wir uns sehr beharrlich für etwas einsetzen und dabei bis zum äussersten argumentieren, geht dabei die Liebe verloren. Ich habe nicht allgemein etwas gegen Apologetik einzuwenden, doch dort wo wir auf die Weisheit setzen, darf letztlich eines nicht verloren gehen – die Liebe. Manchmal bedeutet es etwas zu sagen, manchmal aber auch einfach mal zuzuhören was andere zu sagen haben. Wir haben nicht immer kluge Argumente, die andere zu überzeugen vermögen.
Unsere primäre Aufgabe sollte sein Christus, als den gekreuzigten Messias – und natürlich auch seine Auferstehung – zu verkündigen. Schöpfungs- und Evolutionsfragen mögen interessant sein, sind aber nicht das Zentrum unserer Verkündigung. Dort wo Christus ins Zentrum tritt, dort wird die Liebe Gottes erkannt, dort ist der Weg frei zur Dankbarkeit und zur Ehre Gott gegenüber und dort wächst auch unser Vertrauen in Gott.