Oft wenn man Gräueltaten innerhalb des Islams verurteilt und dabei auch den Koran, die Hadith oder die Sunnah erwähnt, dann hört man schnell mal, dass es in der Bibel ja auch diese Stellen gäbe, die zu Gewalt aufrufen, oder die man zumindest so auslegen kann.
Eine dieser Stellen, die da gerne zitiert wird steht in Matthäus 10,34:
»Denkt nicht, ich sei gekommen, um Frieden auf die Erde zu bringen. Ich bin nicht gekommen, um Frieden zu bringen, sondern das Schwert.«
Na was jetzt? Was hat denn Jesus nun gebracht, den Frieden oder das Schwert? Den Frieden oder den Krieg? Unterscheidet sich Jesus wirklich nicht von Mohammed? Ruft er nicht auf zum Krieg, wenn er von sich sagt, dass er das Schwert gebracht hätte und nicht den Frieden? Wie sollen wir das einordnen? Dieser Frage gehen wir mal nach.
Denkt nicht, ich sei gekommen, um Frieden auf die Erde zu bringen […] – mit diesen Worten beginnt Jesus. Das dachten also die Leute. Sie dachten er würde den Frieden bringen und Jesus sagt ihnen, denkt nicht einmal daran. Doch warum dachten sie denn, er würde Frieden bringen? Gab es irgendwelche Gründe dafür? Und ja die gibt es tatsächlich:
Als Jesaja über den zukünftigen König schreibt, da beschreibt er ihn mit folgenden Worten:
Das Volk, das im Dunkeln lebt, sieht ein großes Licht; für alle, die im Land der Finsternis wohnen, leuchtet ein Licht auf. Herr, du vermehrst sie und schenkst ihnen große Freude. Sie freuen sich vor dir wie bei der Ernte und wie beim Verteilen der Kriegsbeute. Wie damals, als du das Volk von den Midianitern befreit hast, zerbrichst du das Joch der Fremdherrschaft, das auf ihnen lastet, und den Stock, mit dem sie zur Zwangsarbeit angetrieben werden. Die Soldatenstiefel, deren dröhnenden Marschtritt sie noch im Ohr haben, und die blutbefleckten Soldatenmäntel werden ins Feuer geworfen und verbrannt.
Denn ein Kind ist geboren, der künftige König ist uns geschenkt! Und das sind die Ehrennamen, die ihm gegeben werden: umsichtiger Herrscher, mächtiger Held, ewiger Vater, Friedensfürst. Seine Macht wird weit reichen und dauerhafter Frieden wird einkehren. Er wird auf dem Thron Davids regieren und seine Herrschaft wird für immer Bestand haben, weil er sich an die Rechtsordnungen Gottes hält. Der Herr, der Herrscher der Welt, hat es so beschlossen und wird es tun. (Jesaja 9,1-6)
Der zukünftige König soll ein Friedensstifter sein. Er wird ja Friedensfürst genannt werden und dauerhafter Frieden würde einkehren. Das erwarteten die Leute vom Messias und so kann man sich schon fragen: Warum sagt Jesus denn, dass er nicht gekommen sei um Frieden zu bringen? Später sagte ja Jesus sogar:
Was ich euch zurücklasse, ist Frieden: Ich gebe euch meinen Frieden – einen Frieden, wie ihn die Welt nicht geben kann. Lasst euch durch nichts ´in eurem Glauben` erschüttern, und lasst euch nicht entmutigen! (Johannes 14,27)
Kann sich denn Jesus selbst widersprechen? Oder denken wir weiter an die Worte von Paulus:
Denn im Reich Gottes geht es nicht um Fragen des Essens und Trinkens, sondern um das, was der Heilige Geist bewirkt: Gerechtigkeit, Frieden und Freude. (Römer 14,17)
Wenn Jesus davon spricht, dass Gott ihnen an seiner Stelle einen anderen senden werde, der ihnen helfen wird, wobei er sich auf den Heiligen Geist bezieht, wie kann er da etwas anderes bewirken als dieser Geist, der ihn doch vertreten würde?
Oder Johannes schreibt:
Die Gnade, die Barmherzigkeit und der Frieden von Gott, dem Vater, und von Jesus Christus, dem Sohn ´Gottes`, des Vaters, werden mit uns sein – genauso, wie die Wahrheit und die Liebe mit uns sind. (2. Johannes 1,3)
Auch hier bezieht sich der Frieden nicht nur auf Gott sondern auch auf Jesus Christus, dem Sohn Gottes. Man könnte noch viele weitere Stellen aufzählen. Doch es sollte für den Anfang genügen, dass wir uns ernsthaft diese Frage stellen, was es denn hier mit dem Schwert auf sich hat?
Doch schauen wir erst einmal, was Jesus selbst weiter dazu sagt:
Ich bin gekommen, um ›den Sohn mit seinem Vater zu entzweien, die Tochter mit ihrer Mutter und die Schwiegertochter mit ihrer Schwiegermutter; die eigenen Angehörigen werden zu Feinden‹. Wer Vater oder Mutter mehr liebt als mich, ist es nicht wert, mein Jünger zu sein, und wer Sohn oder Tochter mehr liebt als mich, ist es nicht wert, mein Jünger zu sein. Wer nicht sein Kreuz auf sich nimmt und mir nachfolgt, ist es nicht wert, mein Jünger zu sein. Wer sein Leben erhalten will, wird es verlieren; wer aber sein Leben um meinetwillen verliert, wird es finden. (Matthäus 10,35-39)
Darum geht es also bei dem Schwert. Jesus setzt bei der Familie an. Natürlich sind auch diese Worte nicht leicht zu verstehen, aber im Kontext stehen schon mal keine kriegerische Handlungen, das ist schon mal beruhigend? Was meint also Jesus damit?
Jesus setzt hier bei den tiefsten sozialen Bindungen an. Bei der Familie. Doch warum liegt es in seinem Interesse, die Familie zu spalten? Ich bin überzeugt davon, dass es darum nicht geht. Es sind logische Folgen, die Jesus hier aufzeigt. Nehmen wir an in einer Familie entscheidet sich der Sohn für Jesus, der Vater aber nicht. Es kommt automatisch zu Differenzen und Spannungen, in manchen Familien und in manchen Kulturen (nicht nur im Islam) sogar zur Ausgrenzung oder Verfolgung. Natürlich und da bin ich mir ebenso sicher, wäre es Jesus lieber, die ganze Famile würde sich für ihn entscheiden. Nur entspricht das selten der Realität. Und hier erhebt dann Jesus den Anspruch wichtiger zu sein als die Familie: „Wer Vater oder Mutter mehr liebt als mich“, so sagt er, „ist es nicht wert, mein Jünger zu sein.“ Unglaublich dieser Anspruch. Er spricht sich allerdings nicht dagegen aus, dass wir Vater und Mutter nicht ehren müssten. Doch wenn es hart auf hart kommt, dann müssen wir ihn mehr lieben als alle anderen. Wenn es hart auf hart kommt, dann müssen wir ihm mehr gehorchen, als Menschen die etwas von uns verlangen.
Jesus geht es eben nicht um den „Frieden-um-jeden-Preis-Frieden“. Es ist kein Friede per Gesetz, dem nun alle verpflichtet wären. Auch Paulus erhebt den Anspruch:
Wenn es möglich ist und soweit es an euch liegt, lebt mit allen Menschen in Frieden.(Römer 12,18)
Nun liegt es aber nicht immer an dir und mir, dass jemand anders mit uns nicht in Frieden leben möchte. Wir sollten zwar Friedenstifter sein als Christen, denn der Friede gehört schliesslich auch zu den Früchten des Geistes (Galater 5,22-23):
Die Frucht hingegen, die der Geist Gottes hervorbringt, besteht in Liebe, Freude, Frieden, Geduld, Freundlichkeit, Güte, Treue, Rücksichtnahme und Selbstbeherrschung. Gegen solches ´Verhalten` hat kein Gesetz etwas einzuwenden.
Wir leben als Christen innerhalb einer Dreiecks-Beziehung. Würden wir uns nur der zwischenmenschlichen Ebene verpflichtet fühlen, werden wir süchtig nach dieser Welt und Gott geben wir keinen oder vielleicht nur wenig Raum. Das andere ist ebenfalls gefährlich: Wir können uns auch nicht nur mit Gott beschäftigen und dieser Welt entfliehen. Es geht nicht darum eine Mauer um sich herum zu bauen, um ja keinen Einlfüssen dieser Welt ausgesetzt zu sein. Wenn wir uns nämlich mit Gott beschäftigen, dann fällt uns auf, dass es ja gerade unsere Aufgabe ist Menschen in Liebe zu begegnen und dass dieses Licht, welches durch Jesus Christus in die Welt gekommen ist auch durch uns scheinen soll. Jesus das Licht dieser Welt (Johannes 8,12; 9,5; 12,46) sagt zu uns: „Ihr seid das Licht der Welt (Matthäus 5,14) und dieses Licht soll nicht versteckt werden.
Schlussgedanken
Jesus hat also sehr wohl den Frieden gebracht, doch in erster Linie ist es ein Frieden den uns die Welt nicht geben kann. Jesus stellte den Frieden zwischen Gott und uns Menschen wieder her. Sollte jemand auf diesen absurden Gedanken kommen, aufgrund dieses Verses aus Matthäus 10,34 das Schwert zu ergreifen und im Namen von Jesus Christus einen Krieg zu führen, dann hat er Jesus gegen sich. Jesus hat sehr deutlich zu Pilatus gesagt:
»Das Reich, dessen König ich bin, ist nicht von dieser Welt. Wäre mein Reich von dieser Welt, dann hätten meine Diener für mich gekämpft, damit ich nicht den Juden in die Hände falle. Nun ist aber mein Reich nicht von dieser Erde.« (Johannes 18,36)
Daraus einen generellen Pazifismus abzuleiten würde aber der Schrift auch nicht gerecht werden. Das wäre aber ein Thema auf das man noch speziell eingehen müsste. Es sei nur mal soviel gesagt, es geht bei dieser Stelle darum, dass sein Reich nicht durch Waffengewalt ausgebreitet werden darf. Das bedeutet nicht, dass ein Land sich in einer Kriegssituation nicht verteidigen darf.
Dass die Aussage von Jesus schon damals nicht als kriegerischer Aufruf verstanden wurde, zeigt auch deutlich, die Parallele in Lukas 12,51:
Meint ihr, ich sei gekommen, um Frieden auf die Erde zu bringen? Nein, sage ich euch, nicht Frieden, sondern Entzweiung.
Vom Schwert ist in der Parallele gar nicht die Rede, sondern von der „Entzweiung“. Das Schwert kann somit nur als Bild verstanden werden.