Ich hoffe ihr seid von Silvester her wieder erholt, denn heute widme ich mich einem heissen Eisen. Es geht um Krankheit auf der einen Seite und um Sünde auf der anderen Seite. Doch warum wähle ich das Thema gerade zu Beginn des Jahres? Gerade hier wünscht man sich doch die guten Dinge: Ein gutes, frohes, gesegnetes neues Jahr, Gesundheit, Erfolg, alles, aber sicher keine Krankheit. Doch wenn wir ehrlich sind, es kann uns eben immer treffen, trotz all dieser guten Wünsche.

Wenn wir uns diesem Thema widmen dann stossen wir zum Teil auf extreme Positionen. Die krassesten hier einmal in Kürze:

  • Krankheit hat kein Anrecht auf jemanden, der an Jesus Christus glaubt. Diese Meinung kann soweit gehen, dass grosser emotionaler Druck ausgeübt wird. Wer krank ist, glauht zuwenig, betet vielleicht zuwenig.
  • Das zweite geht auch stark in das hinein: Wer krank ist, der hat noch Sünde in seinem Leben.

Doch was ist von der Bibel her davon zu halten? Dieser Frage will ich hier kurz nachgehen.

Krankheit und Sünde gehört zusammen

Der erste Punkt mag erstaunen, doch Krankheit und Sünde gehören in der Tat zusammen. So war schliesslich Krankheit und Tod die Folge folge der Auflehnung gegen Gott. Gott sagte sehr deutlich:

»Du darfst von allen Bäumen des Gartens essen, nur nicht vom Baum der Erkenntnis. Sonst musst du sterben.« (Genesis 2,16-17)

Adam und Eva sind nicht gleich auf der Stelle tot umgefallen. Doch letztlich hat sich das bewahrheitet. Seit dieser Zeit ist der Mensch sterblich. Der Zugang zum Baum des Lebens wurde dem Menschen verwehrt. Gott hatte seine Gründe dazu. Wenn wir uns die Folgen dieser Loslösung von Gott ansehen, dann sehen wir die drastischen Auswirkungen der Sünde. Die nächste Generation wächst heran und es war nicht etwa so, als hätte sich das mit der Sünde langsam gesteigert. Kain erschlägt Abel. Der erste Mord! Man stelle sich vor, der Mensch hätte noch zu diesem Baum Zugang gehabt. Er müsste ewig mit seiner Schuld leben. Krankheit und letzlich der Tod sind schmerzliche Erfahrungen, doch noch viel schmerzlicher sind all die bösen Taten.

Krankheit kann eine Strafe für Sünde sein

Das erste mal, wo uns Krankheit in der Bibel begegnet ist in der Geschichte mit Abram und dem Pharao in Genesis 12. Hier heisst es:

Doch weil der Pharao sich die Frau Abrams genommen hatte, bestrafte der Herr ihn mit einer schweren Krankheit, ihn und alle andern in seinem Palast. (Genesis 12,17)

Krankheit ist in der hebräischen Sprache bildhaft umschrieben. Eigentlich steht hier, dass er ihn mit „harten Schlägen“ strafte und das weil er sich die Frau Abrams genommen hatte. Er hatte zwar nicht direkt Kenntnis, dass es seine Frau ist, denn Abram verschwieg es und trotzdem strafte ihn Gott dafür. Das mag in unseren Augen unfair erscheinen, doch sicherlich hatte Gott seine Gründe. Auf jeden Fall stellte er sich auf die Seite Abrams.

Weiter begegnet uns auch bei den Plagen in Ägypten wieder Krankheit und Tod. Und später lässt Gott durch Mose zu seinem Volk sagen:

»Achtet genau auf das, was ich, euer Gott, euch sage, und handelt danach! Befolgt alle meine Anordnungen und Gebote und tut, was ich für recht erklärt habe! Dann werde ich euch keine von den Krankheiten schicken, mit denen ich die Ägypter geplagt habe. Ich, der Herr, bin euer Arzt!« (Exodus 15,26)

Krankheit als Strafe für den Ungehorsam, ist das nicht etwas hart? Kann man das wirklich so sehen, dass jeder der Krankheit erlebt, von Gott gestraft wird? Hatte am Ende Bildad von Schuach recht, wenn er zu Hiob spricht und dabei Krankheit (Hiob 18,13) mit „ja, so geht es denen, die das Unrecht lieben; wer nicht nach Gott fragt, nimmt ein solches Ende“ (Vers 21) in Verbindung bringt?

Die Sünde ist nicht immer schuld

Wie eng dieses Verhältnis zwischen Krankheit und Sünde in den Köpfen der Menschen verankert war, zeigt uns auch eine Begebenheit im Leben von Jesus:

Unterwegs sah Jesus einen Mann, der von Geburt an blind war. »Rabbi«, fragten die Jünger, »wie kommt es, dass dieser Mann blind geboren wurde? Wer hat gesündigt – er selbst oder seine Eltern?« (Johannes 9,1-2)

Die Jünger brachten Krankheit automatisch mit Sünde in Verbindung und eigentlich ist es ja auch kein Wunder, wenn wir die Stellen im Alten Testament vor Augen haben. Doch wenn nun Krankheit mit Sünde in Verbindung steht, wie ist das denn bei einem, der von Geburt an ein Handycap hat? Wie ist es im Falle dieses blinden Mannes? Wer hat denn in diesem Fall gesündigt? Er? Seine Eltern? Das liess ihnen anscheinend keine Ruhe und so fragten sie ihren Herrn und Meister.

Zum Glück, erklärt es Jesus ihnen und er zeigt damit eine völlig andere Perspektive auf:

Es ist weder seine Schuld noch die seiner Eltern. An ihm soll sichtbar werden, was Gott zu tun vermag. (Johannes 9,3)

Mit anderen Worten: Die Sünde ist nicht immer schuld. Zwar kann Krankheit mit direkter Schuld in Verbindung stehen, wie das bei dem Pharao der Fall war, doch es ist nicht immer so. In diesem Fall sollte sichtbar werden, was Gott zu tun vermag. Seine Herrlichkeit sollte offenbar werden.

Heilung und Rettung, zwei paar Schuhe

Es gibt wie in der Einleitung kurz aufgezeigt sehr krasse Meinungen bezüglich Krankheit und Sünde. Wenn jemand krank ist, wird der Glaube in Frage gestellt, dabei bedeutet Gesundheit nicht automatisch, dass jemand auch ein gottgefälliges Leben führt. Auch das macht Jesus deutlich:

Kurz vor einem Dorf kamen ihm zehn Aussätzige entgegen; sie blieben in einigem Abstand stehen und riefen laut: »Jesus, Meister, hab Erbarmen mit uns!« Jesus sah sie an und sagte zu ihnen: »Geht und zeigt euch den Priestern!« Auf dem Weg dorthin wurden sie gesund. Einer von ihnen kam zurück, als er sah, dass er geheilt war. Er pries Gott mit lauter Stimme, warf sich vor Jesu Füßen nieder und dankte ihm. Dieser Mann war ein Samaritaner. Jesus aber sagte: »Sind denn nicht alle zehn gesund geworden? Wo sind die anderen neun? Ist es keinem außer diesem Fremden in den Sinn gekommen, zurückzukehren und Gott die Ehre zu geben?« Dann sagte er zu dem Mann: »Steh auf, du kannst gehen! Dein Glaube hat dich gerettet.« (Lukas 17,12-19)

Zehn Menschen werden zwar von Jesus geheilt, doch nur einer kommt zurück und gibt Gott die Ehre. Genau zu diesem sagt er: Dein Glaube hat dich gerettet. Für „gesund geworden“ steht hier ἐκαθαρίσθησαν – eigentlich: Sind nicht zehn [vom Aussatz] rein geworden? Das Wort, welches für gerettet steht lautet σέσωκέν, der dazugehörige Wortstamm ist σῴζω. Dieses Wort wird hauptsächlich im Bezug auf die Gottesbeziehung verwendet.

Ganz einen ähnlichen Zusammenhang finden wir auch im Jakobusbrief. Im fünften Kapitel lesen wir:

Macht jemand von euch Schweres durch? Dann bete er! Erlebt jemand eine Zeit der Ermutigung? Dann singe er Loblieder! Ist jemand von euch krank? Dann bitte er die Ältesten der Gemeinde zu sich, damit sie für ihn beten und ihn im Namen des Herrn mit Öl salben. Ihr Gebet, im Glauben gesprochen, wird dem Kranken Rettung bringen; der Herr wird ihn seine Hilfe erfahren lassen. Und wenn er Sünden begangen hat, wird ihm vergeben werden. Darum bekennt einander eure Sünden und betet füreinander, damit ihr geheilt werdet. Das Gebet eines Menschen, der sich nach Gottes Willen richtet, ist wirkungsvoll und bringt viel zustande. Elia war ein Mensch wie wir, und als er Gott im Gebet anflehte, es möge nicht regnen, fiel drei Jahre und sechs Monate lang im ganzen Land kein Regen. Danach betete er erneut, und diesmal ließ der Himmel es regnen, und das Land brachte wieder seine Früchte hervor. (Jakobus 5,13-18)
Auch hier ist zuerst von der Rettung die Rede: Ihr Gebet, im Glauben gesprochen, wird dem Kranken Rettung bringen. Doch warum bringt das Jakobus bei Krankheit ins Spiel? Ich denke, weil Krankheit immer auch eine geistliche Dimension hat. Auch im Zeitalter der neutestamentlichen Gemeinde kann bei Gläubigen die Frage aufkommen, ob ihre Krankheit vielleicht auf Schuld zurückzuführen sei? Ausgeschlossen ist das nicht. Deshalb fügt Jakobus kurz darauf an: Und wenn er Sünden begangen hat, wird ihm vergeben werden. Dieser Text hat eine tiefe seelsorgerliche Komponente. Wahrscheinlich ist gerade deshalb in diesem Zusammenhang auch von den Ältesten die Rede. Es geht gar nicht darum, dass auch andere aus der Gemeinde für Menschen mit einer Krankheit beten dürfen. Doch gerade weil es sich auch um ein seelsorgerliches Thema handelt, bringt er bewusst jene ins Spiel, welche eine grosse Verantwortung innerhalb der Gemeinde wahrnehmen. Denn es geht um einen sehr wichtigen Aspekt: Selbst wenn jemand trotz dem Gebet keine Heilung erfährt, darf er in diesem Wissen und in der Gewissheit leben, dass seine Schuld vergeben ist. Er darf sich seiner Rettung (auch hier steht das Wort σῴζω) gewiss sein. Erst danach schreibt er: Darum bekennt einander eure Sünden und betet füreinander, damit ihr geheilt werdet. Hier steht das Wort ἰαθῆτε, welches sich auf die körperliche Heilung bezieht.

Schlussgedanken

Grundsätzlich ist dieses Thema natürlich sehr umfassend. Ich versuchte mich in diesem Artikel auf einige zentrale Stellen zu konzentrieren um das Spannungsfeld aufzuzeigen. Warum dachten die Jünger im Neuen Testament, dass Krankheit ein Bezug zur Sünde hat? Gerade das Alte Testament erweckt diesen Eindruck.

Doch Jesus eröffnet eine neue Perspektive. Zwar steht Krankheit manchmal im direkten Zusammenhang mit der Sünde, doch das muss nicht immer der Fall sein. Der Blindgeborene ist nicht wegen seiner Sünde blind und auch nicht wegen der Sünde seiner Eltern.

Und letztlich gibt uns gerade Jakobus wichtige Anweisungen, wie wir mit Krankheit umgehen sollen. Wir sollen beten, doch weil Krankheit auch eine geistliche Dimension hat, sollen wir besonders für die Sündenvergebung und Rettung einstehen und im zweiten Schritt für die körperliche Heilung. Ich denke gerade hier, haben sich in unserer westlichen Welt die Prioritäten verlagert. Manchmal scheint es mir so, als würde die körperliche Heilung weit vorne stehen und wir vernachlässigen die geistliche Tragweite.

Zum Schluss nochmals der Vers am Anfang des Abschnitts von Jakobus:

Macht jemand von euch Schweres durch? Dann bete er! Erlebt jemand eine Zeit der Ermutigung? Dann singe er Loblieder! Ist jemand von euch krank? Dann bitte er die Ältesten der Gemeinde zu sich, damit sie für ihn beten und ihn im Namen des Herrn mit Öl salben.

Mich ermutigt es, dass wir in jeder Lebenslage zu Gott kommen dürfen. Egal, ob wir Schweres durchmachen oder ob wir eine Zeit der Ermutigung erleben und auch dann wenn wir krank sind. Immer ist Gott für uns da! Und das wünsche ich uns für dieses neue Jahr, dass wir IHN zu jeder Zeit suchen.