Die etwas andere Weihnachtsgeschichte

Wir steuern schnurstracks auf Weihnachten zu. Ich kann mich noch gut daran erinnern, wie wir Weihnachten feierten, als ich noch ein Kind war. Meine Mutter las jeweils eine Weihnachtsgeschichte vor. Auch die Weihnachtsgeschichte aus dem Matthäus- oder dem Lukasevangelium wurde vorgelesen. Natürlich gab es auch Geschenke. Doch ich will mich heute auf die Geschichte konzentrieren.

Wenn wir an die Weihnachtsgeschichte denken, dann fällt uns vielleicht die Geschichte von der Ankündigung der Geburt Jesus ein. Maria würde durch den Heiligen Geist schwanger werden. Wir denken da an die Volkszählung vom Kaiser Augustus und wie die schwangere Maria mit Josef nach Betlehem reisen mussten und dort nicht einmal ein Platz in einer Herberge bekamen. Oder wir denken an die Hirten, wie sie auf dem Feld plötzlich von einem hellen Licht umgeben war und wie der Engel zu ihnen sprach, sie sollten nach Betlehem gehen und sie würden dort ein Kind in Windeln gewickelt, in einer Futterkrippe finden. Dieses Kind sei der von Gott versprochene Retter. Oder wir denken an die weisen Männer, die vom Osten her aufbrachen und wahrscheinlich erst 1 bis 2 Jahre später in Betlehem ankamen und dem Kind kostbare Geschenke mitbrachten.

Alles sehr schöne Geschichten, die ich ehrlich gesagt sehr mag. Doch heute will ich die Weihnachtsgeschichte mal von einer ganz anderen Perspektive beleuchten. Wir beschäftigen uns heute mit der Sicht von Paulus auf Weihnachten. Die ganze Geschichte besteht aus einem Satz und wirkt im ersten Moment nicht wie eine Geschichte. Doch dahinter verbirgt sich eine riesige Geschichte, wie wir noch sehen werden.

Paulus schreibt:

Ihr wisst ja worin sich die Gnade unseres Herrn Jesus Christus erwiesen hatte: Er der reich war, wurde arm, damit ihr durch seine Armut reich werdet. (2. Korinther 8,9)

Das soll also die Weihnachtsgeschichte sein? Ich sage ja. Aber gehen wir einmal der Reihe nach vor. Es geht um vier Punkte:

  • Jesus war reich
  • Jesus wurde arm
  • wir sind arm
  • wir werden reich

Jesus war reich

Jesus war unglaublich reich. Wenn wir dem glauben, was in der Bibel über Jesus steht, dann begann er nicht erst von seiner Geburt an zu existieren. Jesus sagte einmal zu seinen Zuhörern: Bevor Abraham geboren wurde, bin ich (Johannes 8,58). Aber wo war er denn? Natürlich bei seinem Vater im Himmel. Er war also in einer Dimension, die uns nicht zugänglich ist. Doch wie sieht diese Dimension aus? Die Bibel beschreibt uns den Himmel als das schönste überhaupt. Einerseits ist von dem reinsten Gold die rede, doch das ist noch längst nicht alles. Der ganze Luxus scheint irgendwie zu verblassen, wenn wir dann noch an die Herrlichkeit und Heiligkeit von Gott selber denken. Stellt euch einen Ort vor, an dem es kein Streit gibt, kein Neid, kein Mobbing. Ein Ort, der absolut heilig und vollkommen ist. Jesus hatte alles. Er hatte mehr als jemals einer von uns hier haben könnte.

Jesus wurde arm

Kommen wir nun zum zweiten Punkt: Jesus wurde arm. Dass jemand arm wird, das kommt immer wieder vor. Doch was bedeutet „arm“ schon konkret? Paulus gibt uns noch einen Hinweis, den wir nicht ausser acht lassen dürfen, er schreibt nämlich: Ihr wisst ja worin sich die Gnade unseres Herrn Jesus Christus erwiesen hat […]. Er stellt also ganz bewusst den Titel Herr vorweg, zudem spricht er vom Christus – dem Messias. Wenn wir sagen: Hans Hinterseher wurde arm, dann war dieser viellicht schon vorher nicht sonderlich reich. Er hatte vielleicht ein paar tausend Franken auf seinem Konto und durch ein Vorfall hatte er alles verloren. Würden wir stattdessen schreiben: Professor Doktor Gustav Andrew wurde arm, so würde uns das schon eher aufhorchen lassen. Und genau das macht hier Paulus. Jesus ist der Herr, er ist der Christus, mit anderen Worten: der Messias. Und dieser Herr wurde arm.

Hier sind wir nun bei Weihnachten angelangt. Schaut, wenn heute ein Kind zur Welt kommt, dann betrachten wir es in der Regel als kostbares Geschenk. Die allermeisten Eltern freuen sich über ihr Kind. Doch das Kind ist enorm abhängig. Alleine wäre es nicht überlebensfähig. Es wächst heran, lernt sprechen, macht die ersten Schritte. Wundervolle Dinge. Ich bin mir sicher auch Maria und Josef sahen in ihrem kleinen Jesus das kostbare. Doch was ist mit Jesus selbst? War das mit seiner Geburt wirklich so grandios? Klar ganz menschlich und äusserlich betrachtet schon. Trotzdem bin ich davon überzeugt, dass es für Jesus ganz anders war. An einer anderen Stelle schreibt Paulus:

Denn durch ihn (Jesus) wurde alles erschaffen, was im Himmel und auf der Erde ist, das Sichtbare und das Unsichtbare, Könige und Herrscher, Mächte und Gewalten. Das ganze Universum wurde durch ihn geschaffen und hat in ihm sein Ziel (Kolosser 1,16).

Ihr müsst euch nun vorstellen, dass dieser Jesus – der Schöpfer von Himmel und Erde, der Urheber des ganzen Universums, der welcher selbst das Leben ist und das Leben gibt, der Schöpfer aller Menschen, selbst ein Mensch wird. Was bedeutet das für ihn? Er wächst wie jedes andere Kind heran. Er muss die Sprache lernen wie jedes andere Kind auch. Dass dies eine enorme Erniedrigung ist, das leuchtet irgendwie ein und so beschreibt es dann auch Paulus in einem anderen Brief:

Er, der Gott in allem gleich war und auf einer Stufe mit ihm stand, nutzte seine Macht nicht zu seinem eigenen Vorteil aus. Im Gegenteil: Er verzichtete auf alle seine Vorrechte und stellte sich auf dieselbe Stufe wie ein Diener. Er wurde einer von uns – ein Mensch wie andere Menschen (Philipper 2,6).

Ich finde das einfach eine krasse Botschaft. Ich frage mich manchmal: Wären wir zu so etwas bereit? Wenn wir Gott in allem gleich wären, mit ihm auf einer Stufe ständen. Würden wir da wirklich auf all diese Vorrechte verzichten wollen? Ich lasse die Frage mal so stehen.

Wir sind arm

Kommen wir nun zum nächsten Punkt: Wir sind arm. Paulus schreibt, dass er der reich war, arm wurde, damit wir durch seine Armut reich werden. Indirekt sagt Paulus dadurch, dass wir arm dran sind. Doch ist das wirklich so? Können wir uns nicht vieles leisten? Und wenn wir dann noch im Fernseher in den Nachrichten die wirkliche Armut sehen, können wir da wirklich sagen, dass wir arm sind? Ich denke ja das können wir. Denn von dieser Armut, von der Paulus spricht, sind wir alle betroffen. Es betrifft den Bettler gleichwohl wie der reichste Unternehmer, es betrifft den Diener und es betrifft den König. Niemand ist vor Gott wirklich reich.

Ich wurde vor ein paar Jahren mal darum gebeten in einer Kirche ein Zeugnis zu geben. Ich stand vorne hin und sagte: Ich will noch ein Zeugnis geben, nahm einen Zettel und las vor:

  • Mathematik: 3
  • Deutsch: 4
  • Französisch: 3

Es waren Noten, die ich in meiner Schulzeit als Kind hatte. Man muss dazu wissen, dass ich aufgrund einer Behinderung nicht sonderlich gut schreiben konnte. Ich war sehr verkrampft und das wirkte sich dann auf die Geschwindigkeit aus. Dumm war ich nicht, die Resultate waren (abgesehen in Französisch) meistens richtig. Ich legte den Zettel hin und erzählte, wie ich trotz meiner schulischen Noten Gott erleben durfte. Gott macht sich nichts aus Schulnoten und wenn, dann sicherlich nicht aus den besten meiner Schulzeit, auf die ich mir am Ende noch etwas einbilden könnte. Jesus sagte einmal:

Glücklich zu preisen sind die, welche arm sind vor Gott, denn ihnen gehört das Himmelreich. Matthäus 5,3

Gemeint ist hier: Glücklich zu preisen sind die, welche Gott nichts vorzuweisen haben und deshalb alles von ihm erwarten. In gewisser Weise kommen wir mit leeren Händen vor Gott und er streckt uns das Himmelreich entgegen.

Und mal ehrlich: Was können wir Gott schon bieten? Geld? Er besitzt wohl mehr Reichtümer, als wir es je für möglich hielten. Gute Noten? Mal ehrlich, denkt ihr wirklich, Gott wüsste es am Ende nicht doch viel besser? Womit wollen wir bei ihm denn Punkten? Naturwissenschaft? Ich gegen den Schöpfer der Welt? Ich würde wohl verlieren! Mathematik? Meint ihr er kennt sich in Integralrechnung, etc. nicht aus? Religionswissenschaft? Auch da weiss er sicherlich bestens bescheid.

Wir werden reich

Kommen wir nun zum letzten Punkt: Wir werden reich. Wir haben bereits gesehen, dass wir Gott nichts zu bieten haben, wir absolut arm dran sind. Doch was ist nun dieser Reichtum, der uns noch fehlt? Ich denke man kann diesen Vers völlig falsch verstehen, im Sinne von: „Seht ihr, Gott möchte, dass ihr reich werdet.“ Leider wird das heute manchmal so gepredigt. Und es wird in den Zusammenhang von irdischen Reichtümern gesetzt. Du möchtest ein Fahrrad? Gott will auch, dass du eins bekommst. Doch ist wirklich dieser Reichtum gemeint? Ich denke nicht. Bei diesem Reichtum geht es um einen Reichtum, den auch der reichste Mensch dieser Welt sich nicht erarbeiten kann. Es hat keine irdische Dimension. Paulus spricht an einer anderen Stelle ganz klar von diesem Reichtum:

Ob jemand Jude oder Nichtjude ist, macht dabei keinen Unterschied: Alle haben denselben Herrn, und er lässt alle an seinem Reichtum teilhaben, die ihn ´im Gebet` anrufen. (Römer 10,12)

Also hier haben wir den Reichtum erwähnt? Doch was ist das nun für ein Reichtum. Im nächsten Satz, wissen wir Bescheid:

Denn »jeder, der den Namen des Herrn anruft, wird gerettet werden«. (Römer 10,13)

Es geht darum Rettung zu erfahren. Darum ist Jesus gekommen und darum sagt der Engel auch zu den Hirten: Heute ist euch in der Stadt Davids ein Retter geboren worden; es ist der Messias, der Herr.

Schlussgedanken

Am Ende macht die Krippe ohne das Kreuz keinen Sinn. Die Geburt von Jesus und sein Tod und die Auferstehung gehören unweigerlich zusammen. Ohne das Kreuz wäre die Geburt von Jesus eine Geburt wie jede andere auch. Okay, vielleicht etwas aussergewöhnlich, wenn dann Maria sagt, dass sie durch den Heiligen Geist schwanger wurde. Doch ohne die Vergebung der Schuld, ohne seinen stellvertretenden Tod am Kreuz, ohne das ewige Leben durch seine Auferstehung, macht die Botschaft von seiner Geburt keinen Sinn. Eine entscheidende Frage würde bleiben: Warum hätte sich denn Jesus so erniedrigen sollen?

Ich möchte zum Schluss noch einige Worte von Paulus aus dem Philipperbrief lesen. Einen Teil habe ich schon vorgelesen:

Er, der Gott in allem gleich war und auf einer Stufe mit ihm stand, nutzte seine Macht nicht zu seinem eigenen Vorteil aus.  Im Gegenteil: Er verzichtete auf alle seine Vorrechte und stellte sich auf dieselbe Stufe wie ein Diener. Er wurde einer von uns – ein Mensch wie andere Menschen. Aber er erniedrigte sich ´noch mehr`: Im Gehorsam gegenüber Gott nahm er sogar den Tod auf sich; er starb am Kreuz ´wie ein Verbrecher`.

Hier haben wir es schwarz auf weiss. Seine Geburt war auf seinen Tod ausgerichtet. Doch es geht noch ein bisschen weiter. Diese Botschaft hat mit uns zu tun. Sie betrifft jeden, der an Jesus Christus glaubt. Ein paar Verse weiter schreibt Paulus:

Haltet daher an der Botschaft fest, die zum Leben führt! Dann kann ich dem Tag, an dem Christus wiederkommt, voll Zuversicht entgegensehen, glücklich darüber, dass ich das Ziel meiner Arbeit nicht verfehlt habe und dass meine Mühe nicht umsonst gewesen ist. Und selbst wenn ich zum Tod verurteilt werde und sterben muss, werde ich mich freuen. Mein Leben ist dann wie ein Trankopfer, das für Gott ausgegossen wird und das eure Opfergabe vervollständigt – den Dienst, den ihr Gott aufgrund eures Glaubens erweist. Ja, auch dann werde ich mich freuen. Außerdem habe ich ja teil an der Freude, die euch alle erfüllt. Macht ihr es doch genauso: Freut euch, und nehmt teil an meiner Freude!

Diese Botschaft: Die Botschaft von der Geburt des Messias und die Botschaft von der Rettung durch ihn sind für uns ein Grund zur Freude. In diesem Sinne wünsche ich euch eine fröhliche, besinnliche und gesegnete Weihnachtszeit.