Vergessen ist mit wenigen Ausnahmen ein natürlicher Prozess, der ganz alleine vonstatten geht. Oder um es klar auszudrücken: Ich muss mich nicht daran erinnern, etwas zu vergessen. Ausnahmen gibt es eigentlich nur bei den Hausaufgaben oder beim Zimmer aufräumen. Nur sprechen wir da eigentlich nicht vom „vergessen“, sondern vom „verdrängen“ – ein kleiner aber doch wesentlicher Unterschied.

Aber mal Spass beiseite. Habt ihr auch schon Dinge vergessen? Und wenn ja, welche Dinge waren das?

Dinge, die wir vergessen

Mal abgesehen von den Hausaufgaben oder vom Aufräumen des Zimmers, sind mir persönlich folgende Dinge eingefallen, welche ich zum Teil auch schon vergessen habe: Den Hausschlüssel (und selbstverständlich wenn er noch in der Wohnung ist und die Türe automatisch ins Schloss fällt). Pünktlich zur Prüfung bereits den halben Schulstoff.

Oder wenn ich nach einer Andacht in der Jungschar eine Woche darauf fragen würde, was wir damals miteinander angeschaut haben, dann hat es wohl auch bereits die Mehrheit wieder vergessen.

Vergessen kann ein Schutz sein

Wir vergessen täglich die meisten Dinge, die uns begegnen. Das muss nicht unbedingt schlecht sein. Vielfach ist das sogar ein Schutz. Oder stellt euch einmal vor, wir könnten uns alles merken. Also all die Dinge welche wir mit den Augen sehen, alles was wir mit der Nase riechen, alles was wir mit den Ohren hören und alles was wir fühlen und es würde uns beschäftigen. Wir würden wahnsinnig werden, wenn wir uns all diese Eindrücke merken könnten. Das Gehirn ist also automatisch darauf eingestellt Dinge zu vergessen.

Doch gewisse Dinge haben Konsequenzen, wenn wir sie vergessen

Doch es ist eben nicht nur ein Schutz Dinge zu vergessen. Es gibt auch andere Dinge, bei denen hat es sehr wohl Konsequenzen, wenn wir sie vergessen. Stellt euch mal vor, da hat jemand ein Bewerbungsgespräch und vergisst diesen Termin. Da kann schon einmal der Job auf dem Spiel stehen. Und beim „vergessen“ mit dem wir uns heute beschäftigen hat es genau damit zu tun – das „vergessen“ in unserer Geschichte hat schwerwiegende Folgen. Zwar nicht für den, der die Sache vergessen hatte, aber für jemand anders, der in dieser Geschichte vergessen wurde.

Um wen es sich da wohl handelt? Vielleicht ahnt ihr es bereits. Es geht dabei um Josef und die Geschichte dazu lesen wir in 1. Mose 40.

Josef deutet zwei Träume und wird dann vergessen

Josef wurde aufgrund der Frau des Potifars verhaftet. Er wurde völlig zu Unrecht ins Gefängnis geworfen (in der hebräischen Sprache ist von einem „Loch“ die Rede). Aber auch dort machte Josef einen unterschied zu den übrigen Gefangenen, wie früher schon im Hause des Potifars. Der Gefängniswärter setzte ihn also über alle Gefangenen ein, er war also wieder einmal mehr der zweithöchste Mann – zwar nicht in der Freiheit, doch seine Treue zahlte sich einmal mehr aus.

Eines Tages bemerkte Josef zwei Männer welche sehr traurig wirkten: Ein Mundschenk und ein Bäcker.  Sie beide liessen sich etwas zuschulden kommen und landeten deshalb  im Gefängnis. Josef sprach die beiden an und frage sie, warum sie so traurig seien. Sie erzählten ihm, dass sie geträumt hätten und niemand in der Lage sei, ihnen diese Träume zu deuten. Josef meinte, dass es Gottes Angelegenheit sei Träume zu deuten und er konnte ihnen die Bedeutung mit Gottes Hilfe aufzeigen. Konkret hiess das, der Bäcker würde nach drei Tagen hingerichtet und der Mundschenk würde wieder in sein Amt eingesetzt. Und so kam es dann auch. Zum Mundschenk sagte er noch folgende Worte:

Aber denke an mich, wenn dir’s wohlgeht, und handle barmherzig an mir indem du dem Pharao von mir erzählst und mich so aus diesem Gefängnis bringst.Denn ich bin aus dem Lande der Hebräer heimlich gestohlen worden; und auch hier hab ich nichts getan, weswegen sie mich hätten ins Gefängnis werfen dürfen. (1. Mose 40,14-15)

Doch der Mundschenk vergass ihn einfach. Ich habe mich längere Zeit gefragt, warum der Mundschenk Joseph vergessen hatte. Ich meine er hat doch ein krasses Wunder erlebt, alles traf genauso ein, wie es Joseph vorausgesagt hatte und er war frei. Warum hat er ihn bloss vergessen? Vielleicht war er einfach zu beschäftigt, wir wissen es nicht. Vielleicht war er zu begeistert und es er vergass Joseph in seiner Begeisterung, wir wissen es nicht. Eine ähnliche Geschichte aus dem neuen Testament kam mir dazu in den Sinn: Petrus wurde durch wundersame Weise durch ein Erdbeben aus dem Gefängnis befreit und stand nun vor der Tür, wo sich die Christen aufhielten. Er klopfte an und eine Dienerin namens Rhode kam, um nachzusehen, wer vor dem Haus stand. Als sie nun die Stimme von Petrus erkannte, vergass sie vor lauter Freude, das Tor zu öffnen, lief ins Haus zurück und rief: „Es ist Petrus! Petrus steht vor dem Tor!!“ Petrus musste mehrere Male klopfen, bis ihm endlich jemand öffnete.

Die Erinnerung bringt die Wende

Wenn wir etwas vergessen haben, dann brauchen wir in der Regel einen Impuls um uns wieder daran zu erinnern und dieser kommt dann meistens von aussen, entweder, weil wir etwas ganz ähnliches wieder erleben, das uns daran erinnert oder weil uns jemand darauf aufmerksam macht.

Wir schaffen uns Hilfen

Nur so nebenbei: Es ist erstaunlich, was wir alles unternehmen um uns an Dinge zu erinnern. Wisst ihr, was als oberster Punkt bei Google kam, als ich nach diesem Wort „vergessen“ suchte? Natürlich, wie könnte es auch anders sein: Wikipedia.org. Eine riesige Wissensplattform mit tausenden von Artikeln, damit all das Wissen, das wir in unterschiedlichen Bereichen gesammelt haben nicht in Vergessenheit gerät. Wir rennen mit der Agenda durch die Welt (moderne Menschen benutzen für diesen Zweck natürlich Laptop oder Smartphone) nur um keinen Termin zu verpassen. Wir haben da alle unsere Daten gespeichert. Früher konnte ich noch viele Telefonnummern auswendig. Heute gehört man wohl zur Minderheit, wenn man noch gewisse Nummern auswendig kann (abgesehen natürlich von den wichtigen Nummern 144, 117, 118 oder 1414, welche man einfach kennen muss und vielleicht noch der Festnetznummer von zuhause). Die Nummer von Mimuk (unserem früheren Hauptleiter der Jungschar) würde ich wohl noch hinbekommen, aber wenn ich mal weiter überlege: Onkel, Grossvater, Tante, etc., da kenne ich kaum noch eine Nummer auswendig.

Gott erinnert den Mundschenk an sein Versprechen

So viel zu den Hilfen, welche wir uns schaffen um uns an Dinge zu erinnern. In unserer Geschichte ist es nun Gott selbst, der den Mundschenk daran erinnert, dass er vor zwei Jahren Joseph vergessen hatte. Da kam der Pharao und auch er hatte einen Traum, der ihn zutiefst beschäftigte und den er nicht mehr loswurde. Niemand war imstande ihm den Traum zu deuten. Aber der Mundschenk wusste und plötzlich erinnerte er sich auch wieder daran, dass dieser Joseph Träume zu deuten vermag und er sagte dies dem Pharao. Es hat lange gedauert, ganze zwei Jahre, bis Joseph wieder frei kam, doch Gott liess ihn nicht im Stich.

Abschliessende Gedanken

Auch wir stehen in der Gefahr die Wundertaten Gottes zu vergessen. Das ging dem Mundschenk so und das kann auch uns geschehen. So oft schon habe ich ganz persönlich Wunder erlebt, bei denen Gott gewirkt hatte. Dann kommt der Alltag und alles ist wieder vergessen. Es ist interessant, dass Gott immer wieder dafür gesorgt hatte, dass sich das Volk Israel an gewisse Dinge erinnern musste:

Beispielsweise hat er das Laubhüttenfest eingesetzt. Ein Fest, bei welchem das ganze Volk eine ganze Woche lang in Laubhütten wohnen sollte. Und wozu? Nun, sie sollten sich dabei daran erinnern, dass sie in Laubhütten wohnten, als Gott sie aus Ägypten herausführte. Also sie sollten sich an diese Wundertaten erinnern. Gott hat schon Humor würde ich meinen, dass er das als Gesetz anordnete, um sie immer wieder an die Wundertaten zu erinnern.

Im Neuen Testament gibt es übrigens auch ein Fest, das Jesus bewusst einführte, damit wir uns an die wichtigste Botschaft überhaupt erinnern. Wisst ihr welches Fest ich meine? Nun wir nennen es für gewöhnlich das „Abendmahl“. Wir essen Brot und trinken Wein oder Traubensaft und denken dabei an das was Jesus für uns getan hat.

Paulus sagte zu diesem Mahl – dem Abendmahl – folgendes:

Ihr wisst doch, was der Herr über dieses Mahl gesagt hat; ich selbst habe seine Worte so an euch weitergegeben, wie sie mir berichtet wurden: In der Nacht, in der er verraten wurde, nahm Jesus, der Herr, das Brot, dankte Gott dafür, brach es in Stücke und sagte: »Das ist mein Leib, der für euch geopfert wird. Wenn ihr künftig dieses Mahl feiert und von dem Brot esst, dann ruft euch in Erinnerung, was ich für euch getan habe!« Nachdem sie gegessen hatten, nahm er den Becher, dankte Gott auch dafür und sagte: »Dieser Becher ist der neue Bund, besiegelt mit meinem Blut. Wenn ihr künftig aus dem Becher trinkt, dann ruft euch jedes Mal in Erinnerung, was ich für euch getan habe!«  (1. Korinther 11, 23-25)

Zum Abschluss habe ich ein Gebet Davids genommen, welcher das Ganze gut zusammenfasst:

Lobe den HERRN, meine Seele, und was in mir ist, seinen heiligen Namen! Lobe den HERRN, meine Seele, und vergiss nicht, was er dir Gutes getan hat: der dir alle deine Sünde vergibt und heilet alle deine Gebrechen, der dein Leben vom Verderben erlöst, der dich krönet mit Gnade und Barmherzigkeit, der deinen Mund fröhlich macht und du wieder jung wirst wie ein Adler. (Psalm 103,1-5)